Dr. phil. Dipl.-Psych. Daniel WeimerSchwetzinger Str. 18 68 165 Mannheim Telefon: (06 21) 158 26 33

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Kommunikationsstörungen

Mit anderen Menschen in Kontakt zu sein, mit ihnen zu kommunizieren, prägt unser Leben von Anfang an entscheidend. Bereits die Entstehung eines menschlichen Individuums basiert auf einem kommunikativen Prozess: der Vereinigung zweier Menschen.

Das werdende Kind erhält im Mutterleib Informationen über die Befindlichkeit der Mutter, ihre emotionalen Reaktionen oder über die Musik, die sie mag. Umgekehrt spürt die Mutter (und direkt oder indirekt meist auch der Vater) zunehmend, wie sich ihr Kind lebhaft äußert. Diese Wahrnehmungen prägen Phantasien über das Kind wie auch die Familiengeschichte und die – bewussten wie unbewussten – Erfahrungen mit dem eigenen Werden.

Solche frühen Kommunikationsformen schaffen die Basis für die zunehmend bedeutsamer werdende Entwicklung der Sprache, des zentralen Mediums der menschlichen Verständigung. Entsprechend stark wirken sich Beeinträchtigungen im kommunikativen Bereich auf die psychische Entwicklung und die Entfaltung der Persönlichkeit aus – und umgekehrt.

Während sich die empirische psychologische Forschung (einschließlich der Psychotherapieforschung) zumeist auf sprachlich oder numerisch abbildbare Phänomene beschränkt, ist für die Behandlung psychischer Störungen ein Sensorium für Sprache in einem weiteren Sinne vonnöten. So spricht z.B. Ferenczi (1933) von der Sprache der Zärtlichkeit (kindliche Bedürftigkeit, Wunsch nach Zuwendung und Kontakt) und der Sprache der Leidenschaft (darüber hinausgehende, u.a. sexuelle, Bedürfnisse der Erwachsenen), wobei es im Gebrauch dieser Sprachen zu Verständigungsschwierigkeiten und Fehlinterpretationen mit schwerwiegenden Folgen kommen kann.

Auch intrapersonale, sich innerhalb der eigenen Person abspielende Fehldeutungen (wenn etwa ein psychischer Spannungszustand als Hunger interpretiert wird) können mit frühen Kommunikationsstörungen in Zusammenhang stehen (bereits das Schreien des Babys wurde zu durchgängig nur als Zeichen von Hunger gesehen).

Fortgesetzt misslingende oder unterbleibende Kommunikationsversuche, verkannte oder unerkannte Bedürftigkeiten haben nicht selten psychische Probleme zur Folge, die psychotherapeutisch zu behandeln sind.

Eine wesentliche Bedeutung kommt hier der analytischen Psychotherapie bzw. der Psychoanalyse zu, da diese Verfahren auf einer kommunikativen Situation basieren, die in besonderer Weise den Raum für eine Bearbeitung der Probleme verfügbar macht und neue Erfahrungen ermöglicht (z.B. Schneider, 2003).


Literatur

Ferenczi, S. (1933). Sprachverwirrung zwischen den Erwachsenen und dem Kind: Die Sprache der Zärtlichkeit und der Leidenschaft. In S. Ferenczi, Schriften zur Psychoanalyse (Bd. 2, S. 303-313). Frankfurt a.M.: Fischer [1982].

Schneider, G. (2003). Das kommunikative Setting der Psychoanalyse. In D. Weimer & M. Galliker (Hg.), Sprachliche Kommunikation: Ansätze und Perspektiven (S. 110–115). Heidelberg, Kröning: Asanger.




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